Ein klassischer Orchesterproberaum als Tummelplatz für agile Teams? In ihren international gefragten Vorträgen und Dirigerworkshops für Kader veranschaulicht die Dirigentin Graziella Contratto, wie Agilität im scheinbar traditionellen Umfeld eines Orchesterbetriebs von allen Beteiligten gelebt wird. Themen wie Ko-Kreation, Expertise, Third Space oder Holistische Führung gehören heutzutage zum Selbstverständnis eines Orchesters und seiner (guten) Orchesterleitung.
Graziella Contratto leitete zwischen 2010 und 2022 sie den Fachbereich Musik an der Hochschule der Künste Bern, mit dem 2017 gegründeten Klassiklabel Schweizer Fonogramm, das sie mit ihrem Partner Frédéric Angleraux gemeinsam führt, hat sie bereits international ausgezeichnete Studioaufnahmen mit Wiederentdeckungen von Schweizer Musik herausgebracht.
Vor allem aber auch ist sie gefragte Gastdirigentin, engagierte Festivaldirektorin, Musikdozentin, kreative Programmgestalterin und mitreissende Referentin, die mit ihren Ideen und Konzepten immer wieder den Rahmen der reinen Klassik sprengt.
Themen wie Ko-Kreation, Expertise, Third Space oder Holistische Führung gehören heutzutage zum Selbstverständnis eines Orchesters und seiner ( guten) Orchesterleitung. Möchten Sie hören, wie Sociocracy klingt? Möchten Sie als Dirigent*in im Workshop den Unterschied zwischen KonsenS und KonsenT spüren?
Nebst einer Hörreise in den Orchestersound und die Führungsgeschichte des Dirigierens lernen Kaderpersönlichkeiten Einiges über sich selbst und können sich mitsamt Dirigierstab spontan in Agilität üben.
Persönlich
Die Dirigentin Graziella Contratto wuchs als Schweizerin mit italienischen Wurzeln in Schwyz auf und studierte an den Hochschulen in Luzern, Winterthur, Zürich und Basel, wo sie in den Kernfächern Klavier, Musiktheorie und Kapellmeister/Orchesterdirigieren mit Auszeichnungen in vier Diplomen abschloss. Zu ihren wichtigsten Lehrern zählten Manfred Honeck und Horst Stein (Dirigieren), Rudolf Kelterborn und Detlev Müller-Siemens (Theorie) und Grazia Wendling bzw. Christoph Lieske, Carmina-Quartett, Kurt Widmer und Hedwig Fassbender (Klavier, Kammermusik und Liedbegleitung). Zusätzliche Impulse erhielt sie in Meisterkursen u.a bei Tsung Yeh und Jorma Panula, bei Bruno Canino und Homero Francesch. Mit 25 Jahren übernahm sie die Theoriedozentur in Luzern und wurde zur Chefdirigentin des Akademischen Orchesters Freiburg i, Br. gewählt. Bald folgten zahlreiche Gastdirigate und erste Mandate als künstlerische Leiterin bei der Camerata Schweiz und anderen Orchestern ihrer Heimat. 1996 wurde sie für zwei Saisons als Kapellmeisterin an das Theater Oper Biel Solothurn TOBS engagiert.
1998 holte sie Claudio Abbado an die Berliner Philharmonie und an die Salzburger Osterfestspiele als Assistentin. Ihre Aufgabenbereiche beinhalteten nebst Einstudierungen u.a. auch eine enge Zusammenarbeit mit der Deutschen Grammophon für die Auswahl der Takes in wichtigen Aufnahmeprojekten des Berliner Philharmonischen Orchesters, die Einrichtung des gesamten Orchestermaterials für die Neuausgaben von Tristan und Isolde (Beidler-Ausgabe) bzw. der neun Sinfonien von L. van Beethoven in der neuen Edition durch Jonathan Del Mar oder der Robert Levin- Fassung des Mozart- Requiems. In Salzburg kam es zu wichtigen Begegnungen mit der Musiktheaterregie von Klaus Michael Grüber und Peter Stein.
2000 wurde Graziella Contratto zum chef résident des Orchestre National de Lyon gewählt, wo sie u.a.eine Orchesterakademie aufbaute, zahlreiche sinfonische und musiktheatrale Projekte der Saison als Dirigentin übernehmen durfte. Ab 2003 wurde sie nach einem internationalen Auswahlverfahren Chefdirigentin des Orchestre des Pays de Savoie und damit als erste Frau künstlerische Leiterin eines staatlich geförderten Orchesters in Frankreich. Rasch folgten zahlreiche Gastdirigate, so beim Ensemble orchestral Basse-normandie, Orchestre de Picardie, Orchestre des Lauréats du CNSMP Paris, Orchestre de Jeunes Atlantique in Frankreich, beim Stuttgarter Kammerorchester, den Göttinger Sinfonikern, beim Deutschen Kammerorchester Berlin in Deutschland, in Österreich beim Orchester der Kunstuniversität Graz, in Spanien, Italien, den USA und in der Schweiz (Tonhalle Zürich, Berner Symphonieorchester, Camerata Schweiz, Basler Sinfonieorchester, Musikkollegium Winterthur, Orchestra della Svizzera Italiana, Orchestre de Chambre de Genève, Zürcher und Berner Kammerorchester). Als Solist*innen begleitete sie Künstlerpersönlichkeiten wie Nemanja Radulovic, Nicolas Angelich, Melody Zhao, Teo Gheorghiu, Patrick Demenga, Xavier Phillips, Stefan Genz, Christian Immler, Anna Larsson, Bruno Ganz, Patrizia Ciofi, Roberto Saccà, Renato Bruson, Tanja Ariadne Baumgartner, Rachel Harnisch und Lisa Larsson, um einige zu nennen.
Mit dem von ihr gegründeten MythenEnsembleOrchestral, das sich aus Solist*innen der Schweizer und internationalen Klassikszene zusammensetzt, studierte sie mehrere Mahler-Sinfonien in der Kammerfassung von Klaus Simon ein, zahlreiche Einladungen an verschiedene Festivals, u.a in Luzern, Zürich oder Sils Maria . Graziella Contratto ist regelmässiger Gast bei Radio- und TV- Sendungen in der Schweiz und im Ausland. Sie leitete verschiedene Festivals, zB in Davos, an den Pfingstkonzerten Ittingen oder bei der Alpentöne-Ausgabe 2021. Seit 2004 gibt sie Dirigierworkshop für Manager*innen und ist häufige Speakerin zu Themen wie Leadership, Holistische Führung oder ‚Flow&Charisma‘.